Zwischen Unterricht und Ausnahmezustand mit Winterplan und Solidarität
Die 1940er-Jahre forderten die Schulen in nie dagewesener Weise. Schulschliessungen, Evakuationen und der Winterstundenplan prägten den Alltag. Lehrerinnen und Lehrer nutzten die Ausnahmesituation, um den Kindern Mitverantwortung und Solidarität nahezubringen.
Schulschliessung, Evakuationen und Anpassung des Unterrichts
Die ersten Jahre der 1940er-Jahre stellten die Schulen vor immense Herausforderungen. Mitten im Schuljahr 1940 kam es aufgrund der instabilen politischen Lage zu einem drastischen Einschnitt: Am 16., 17. und 18. Mai musste der Schulbetrieb eingestellt werden. Während die städtischen Schulen für acht Tage schlossen, begann der Unterricht an den katholischen Schulen Zürich bereits am 20. Mai wieder. Zuvor wurden die Turnhalle sowie die Zimmer 4 und 5 von der Luftschutzgruppe zwischenzeitlich genutzt.
Einige Familien hatten ihre Kinder vorsorglich evakuiert, was von den Verantwortlichen später als übereilte Reaktion betrachtet wurde. «Einiger Kinder sind noch fort, nach und nach kehren die Evakuierten wieder zurück. Sie waren wirklich zu unbesonnen, handelten voreilig und haben damit dem Lande nicht den besten Dienst erwiesen», schrieb Sr. Hildegard Haag rückblickend.
Winterschule mit Anpassungen
Der Winter brachte neue Herausforderungen. Ab dem 21. Oktober 1940 trat ein sogenannter Winterstundenplan in Kraft, um den Heiz- und Kohlenmangel zu kompensieren. Samstags blieben die Klassenzimmer kalt – der Unterricht wurde auf die anderen Wochentage verteilt. Diese Massnahme war für viele Familien eine willkommene Entlastung, da die Belastung an der Heimatfront ohnehin hoch war.
Ein lehrreicher Ausnahmezustand
Die Lehrerinnen und Lehrer reagierten besonnen auf die Ausnahmesituation und vermittelten den Schülerinnen Werte wie Mitverantwortung und Solidarität. Ein eindrückliches Beispiel dafür war der Verzicht auf den traditionellen grossen Spaziergang. «Die Kinder sind ziemlich vernünftig und fordern nach dieser Seite nicht wie andere Jahre», schrieb Sr. Hildegard Haag. Sie begründete diesen Verzicht mit den Umständen des Kriegsalltags: «Wie mancher Vater steht doch an der Grenze und die Mutter muss rechnen und einteilen, warum soll das Kind nicht auch mittun.» Eine Lektion, die weit über den Unterricht hinausging.